Warum haben wir Menschen Angst vor Alter, Krankheit und Tod?

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Das ist eine Frage, die ich mir oft gestellt habe - als jemand, der auf dem Land aufwuchs, den Wechsel der Jahreszeiten, den Tod von Bäumen, Pflanzen und Tieren, einer lieben alten Dame und zuletzt meiner Mutter als sehr natürlich und stimmig erlebt hat. Zudem ist mir als Heilpraktikerin in Psychotherapie mit Schwerpunkt Traumatherapie klar, dass ein Trauma aus der Abwehr des Todes entsteht und dass diese Abwehr unglaublich viel Leid mit sich bringen kann.

Warum sich also wehren gegen etwas so absolut Natürliches?

1. Nun, erst einmal, ist die Angst vor dem Tod biologisch angelegt, d. h. sobald wir Gefahr für uns oder für Menschen, die wir lieben, nur ahnen – sie muss noch nicht einmal real vorliegen – steigt Vorsicht und Wachsamkeit auf.

Logisch, oder? Denn würden wir zu spät reagieren, ist es um uns oder/und unsere Lieben geschehen.

2. Ebenso vermeidet es das "Tier in uns", in eine Falle zu geraten, uns auszuliefern oder die Kontrolle abzugeben. Denn auch das könnte tödlich enden. Darin liegt auch unsere instinktive Abneigung gegen Gefühle wie Hilflosigkeit oder Ohnmacht begründet.

3. Zudem berühren Themen wie Alter, Krankheit und Tod die Erinnerung an Situationen in unserer Kindheit, aber auch als Erwachsene, in denen unsere Zartheit, Schwäche, Bedürftigkeit wie Verletzlichkeit ausgenützt wurde, wo wir keine Hilfe bekamen, ja, sogar zu etwas gezwungen oder misshandelt wurden von Menschen, von denen wir abhängig waren bzw. denen wir vertrauten. Wir fühlten uns ausgeliefert, überfordert, verwirrt und voller Schmerz und wollten das nicht.
Der Tod erinnert uns also an Situationen, die unsere Bewältigungsmechanismen überforderten bzw. in denen jeder Versuch, uns aus der Misere zu befreien noch mehr Gefahr und Verzweiflung brachte.

Gerade Gefühle wie Hilflosigkeit, Ohnmacht, Schwäche, Bedürftigkeit, Ausgeliefertsein und Angst triggern diese Erinnerungen und die damals unterdrückten, nicht gehaltenen Emotionen.

4. Wenn wir also nicht gelernt haben, mit dieser Art von Situation bzw. mit den daraus resultierenden Gefühlen und Traumata konstruktiv, befriedigend, ja, liebevoll umzugehen, neigen wir - angesichts der Hereinforderungen und Überraschungen des Lebens - zu Abwehr, Kampf, Resignation, Angst, Depression, Schuld- und Schamgefühlen bzw. chaotischer Wut. Wir haben kein Vertrauen, dass Alles, was geschieht, bedingungslose Liebe ist - so wie sie sich eben gerade zeigt.

Ein konstruktiver Umgang bzw. positive Erfahrungen damit sowie die Fähigkeit und Möglichkeit, uns dabei so viel effektive Hilfe zu suchen, wie wir brauchen, machen uns hingegen zufriedener, glücklicher und schenken uns ein gesundes Selbst- wie Urvertrauen. Dieses wiederum stärkt uns und unsere Fähigkeit zur Selbstregulation bei der nächsten Krise (mehr dazu in meinem E-Book „Endlich frei! - Traumata als Tor zur Freiheit“).

5. Da wir in den oben erwähnten Situationen oft nicht die Hilfe und Unterstützung bekommen haben, die wir gebraucht hätten und uns Das, was wir wirklich sind – Stille, Frieden, bedingungslose Liebe, unendlich weiter Raum - nicht gespiegelt wurde, haben wir uns angepasst und es entstanden Überzeugungen und Überlebensstrategien (Ich-Trancen), die in der damaligen Situation vermutlich hilfreich, ja, lebensrettend waren, aber nun auf Situationen übertragen werden, die mit der Ursprungssituation wenig bis gar nichts zu tun haben.

Wir verhalten uns folglich so als seien wir - noch immer - das verlorene, verlassene, abgetrennte Wesen, als das wir uns damals fühlten. Das heißt, wir verraten und verlassen uns noch immer.

6. So vermeiden wir weiterhin mit allen Mitteln und zu jedem Preis den Tod dieses Wesens, da wir Kontrollverlust mit Gefühlen in Verbindung bringen, die wir nie wieder fühlen, sowie mit Situationen, die wir nie wieder erleben wollen.

7. Kurz: Unsere Erfahrungen in Bezug auf Tod, Krankheit, Schwäche, Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit und Bedürftigkeit sowie die damals erworbenen Überlebensstrategien, zu denen auch die Bildung eines falschen Ichs gehört, machen es uns schwierig bis unmöglich, das Leben geschehen zu lassen, zu vertrauen, zu entspannen, uns auszuruhen, alles zuzulassen, allem zu sterben.

8. Denn das ist es, was der psychische wie physische Tod ist: ein Ausruhen, Zu- und Zurücklassen von allem, was dich belastet, ein Hingeben all deiner inzwischen überflüssigen Überzeugungen, Überlebensstrategien, des falschen Ichs bzw. der Identifikation mit einem inzwischen überforderten, auseinanderfallenden Körper - an Das, was du wirklich bist.
Sterben ist also eine Heimkehr - zu Dem, was dich nährt, Dem, was du wirklich bist. Du und deine Vorstellungen, das, was du glaubst zu sein, fallen weg, zugunsten Dessen, was du bist und immer schon warst.

In anderen Worten: "Du" gehst auf im Ganzen - wie ein Fluss, der ins Meer zurückfließt. Das Resultat ist Frieden, Stille, unendlich weiter Raum, Einssein – bis zum nächsten Mal.

Aber wenn der Tod etwas so Entspannendes ist, warum dann Angst vor ihm haben? Weil er uns total wach macht und gnadenlos auf die Wahrheit und damit auf Ungesehes, -gelöstes, Unaufgeräumtes und Ungelebtes hinweist. In seinem Angesicht werden wir mit der Nase auf alles gestossen, was wir bisher vermieden oder übersehen haben.

Und wer nicht hinsehen, aufräumen, sterben möchte, kann auch nicht wirklich leben. Logisch, oder?

In anderen Worten: Nur wer bereit ist, sich den Schmerzen, Verwirrungen, Verlusten, Konflikten, eben allen Hereinforderungen seines Lebens zu stellen, sie bewusst zu erfahren - bis zu Ende - und alle Überlebensstrategien und damit Vorstellungen - wie etwas, ein Mensch, eine Situation, ich selbst sein oder nicht sein sollte - immer wieder hinzugeben und damit verletzlich, hilflos, nackt, absolut Nichts und Niemand zu sein und zugleich bedingungslos zu Dem zu stehen, was du bist, liebst und dir gut tut - ohne faule Kompromisse - ist auch in der Lage, erfüllt und in Liebe zu leben und zu genießen.

So sind also Angst, Krankheit, Alter und Tod schonungslos ehrliche Freunde, die uns mit der Wahrheit konfrontieren und uns darauf hinweisen, wo wir uns von uns selbst entfernt, uns verraten oder verlassen haben - für Kleinigkeiten - und es noch immer tun.

Denn im Gegensatz zu anderen Tieren haben wir Menschen die Fähigkeit, bewusst zu sein - des Lebens wie des Todes. Dieses Bewusstsein klärt und hilft dir, von Moment zu Moment zu entscheiden, was dir wichtig ist und was nicht, dein Leben auf das Wesentliche, dich selbst, auszurichten. Nur so ist ein zutiefst erfülltes Leben möglich.

Wenn du ihm aber ausweichst, d. h. wenn du versuchst, den Tod und damit die Vergänglichkeit von allem, was erscheint, zu ignorieren, so zu tun, als ob es ihn nicht gäbe, vermeidest du auch, ganz und gar du selbst, Das zu sein, was du wirklich bist. Du weichst dem Schönsten aus, was es gibt: Der Erfahrung von tiefstem Glück, unendlicher Stille und Weite, der Ewigkeit, die du bist und ich bin. Stattdessen investierst du deine Energie in Dinge, Menschen, Vorstellungen, Werte und Situationen, die dich nicht wirklich berühren, ja, die dir und anderen schaden.

Das heißt, du lebst nur an der Oberfläche, befindest dich im Tiefschlaf und lernst dich, Das, was du wirklich bist, nie kennen. Du verpasst das einzig Wesentliche, denn du bist nie über das “Tier in dir” hinausgegangen.

Was für eine Verschwendung!

Und da du dein Leben nicht dazu genutzt hast, dich selbst, Das, was du wirklich bist, bis in die kleinsten Winkel kennen-, schätzen- und lieben und damit leben zu lernen sowie allem Unwahren, Unechtem zu sterben, wird dir natürlich auch der physische Tod sehr schwer fallen. Du wirst versuchen, ihn - wie bisher auch - weg- oder zu verschieben, dich zu trösten, mit Spaß, Genuss und Zerstreuung abzulenken, zu trösten, wirst mit ihm bis in letzter Minute verhandeln, anstatt diese letzte Chance zu nutzen und zu erkennen, was du wirklich bist.

Zugleich ist der Widerstand dagegen so zutiefst menschlich und, vor allem, ebenfalls bedingungslose Liebe in dieser Gestalt - und damit absolut vollkommen.

(aus: Wie geht (Selbst)Liebe wirklich? von Gabriele Rudolph)

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